Eigentlich wäre heute der Tag, an dem die Stadtkapelle wieder einen Moment durchatmen kann. Jeder Musiker sich einmal wieder ohne die anderen hinsetzt, einen Schluck trinkt der nicht aus dem Maßkrug kommt und endlich seine Füße verarztet.
Nur ist dieses Jahr nun mal alles ganz anders. Wir hätten sicherlich wieder gemotzt ohne Ende, hätten wie immer die Ansage unserer Dirigentin bekommen „Wer jammern kann hat noch Reserven“ und trotzdem wie jedes Jahr den Spaß unseres Lebens gehabt. Denn nur am Kinderfest-Wochenende macht es nichts, in die hundertste Runde Lausitzer Märsche zu starten und zehntausende Schritte durch Leipheim zu marschieren. Als leipheimer Musiker verlagert man seinen Wohnort ein Wochenende im Jahr auf den Kinderfestplatz – und dieses Jahr hat es sich ein wenig so angefühlt als hätte man uns das zuhause genommen. Nicht einmal das schönste Nachthemd der Stadt konnten wir küren.
Die Zeit, die wir normalerweise an diesem Wochenende nie haben, haben wir genutzt um ein wenig in Erinnerung zu schweifen.
Bei der Frage an die Musiker, was das Kinderfest für sie bedeutet, kommt natürlich zu allererst die Antwort: Blasmusik, Spaß, Vorfreude, Tradition, riesiges Familientreffen. Was Sie als Publikum vielleicht nicht gleich vermuten, ist dass bei uns auch gleichzeitig ein gewisser Stolz aufkommt, welch logistische Meisterleistung wir vollbringen wenn wir entscheiden, welche Bluse wann gewaschen, getrocknet und gebügelt wird. Dass der Weckruf auch nach nur 3 Stunden Schlaf (und das wäre schon beachtlich viel) immer der lustigste Umzug ist und dass wir vielleicht immer wahnsinnig überrascht vom Regen wirken, aber jeder von uns trotzdem weiß, dass der obligatorische Schauer früher oder später einfach kommen muss. Wir sind schon mit den Instrumenten von der Abendserenade, von der Bühne und vom Weckruf geflüchtet.
Das Kinderfest – es fehlt. Und natürlich wäre dieses Jahr optimales Wetter gewesen um die Festzüge musikalisch zu begleiten. Wir hätten wie jedes Jahr hoch und heilig versprochen, die Schuhe noch einmal zu polieren und es hätte wie jedes mal, maximal zum ersten Auftritt gereicht. Natürlich hätten wir auch dieses Jahr wieder alles versucht, das ein oder andere Prosit mehr zu spielen – und es schlussendlich einfach ohne die Zustimmung von Lisa Mayer durchgesetzt. Ebenso wie das klägliche Hauchen nach Bier extra ein wenig mehr in Richtung der Mikros geklungen wäre.
Ob es nächstes Jahr wieder klappt, noch ungewiss. Die Stadtkapelle ist auf jeden Fall bereit – und noch ein Jahr Alternativprogramm stehen wir nicht durch. Denn auf meine Frage hin an die Musiker, was sie stattdessen unternommen haben, bekam ich keine Antwort.