Zum 198. Mal feierten die Leipheimer bei traumhaftem Wetter auch dieses Jahr wieder ihr traditionelles Kinderfest. Der Fokus stand und steht dabei stets auf den Kinder – mit Kindern für Kinder.
Neben den unverzichtbaren Fahrgeschäften, Essensständen oder den Bierständen durfte natürlich auch dieses Jahr eins nicht fehlen, um zur richtigen Atmosphäre des größten „Biergarten“ Schwabens beizutragen: die Blasmusik der Stadtkapelle Leipheim e.V.. Hinter diesen vielen Tönen und Klängen steckt jedoch noch weit mehr, als auf den ersten Blick vielleicht zu erkennen ist. Der folgende Bericht soll Ihnen einen Einblick in den ganz normalen Musikeralltag der Stadtkapelle Leipheim zum langen Kinderfestwochenende geben.
Gestartet haben wir schon am Freitag um Punkt 19 Uhr zur Kinderfestserenade im Schlosshof. Zusammen mit der St. Veitskantorei, dem Posaunenchor und der Chorgemeinschaft, mit den CHORyphäen und CHORlerikern, stimmten wir uns gemeinsam auf das bevorstehende Kinderfestwochenende ein. Der Höhepunkt des Abends war das gemeinsame Musizieren des Liedes „Kein schöner Land“ aller Beteiligten zum Ende der Serenade. Mit einem guten Gefühl und voller Vorfreude ging es dann nach Hause, um noch einmal alle Kräfte für die kommenden drei Tage zu sammeln.
„Samstag, Treffpunkt um 14.30 Uhr vor der Bühne“ so hieß dann die Anweisung unserer Dirigentin Lisa Mayer. In voller Tracht, d.h. neben Dirndl und Lederhosen auch Jacken und Hüte, standen wir am Samstag auf dem Festplatz vor der Bühne bereit, um pünktlich um 15 Uhr mit einem Prosit und dem Bieranstich das Festwochenende einzuläuten. Anschließend durften wir mit böhmisch-mährischer Blasmusik die zahlreich ankommenden Besucher unterhalten. Der Platz und die Bierbänke füllten sich in Windeseile. Immer wieder schön mit anzusehen sind auch die vielen kleinen Fans, die uns vor der Bühne die ein oder andere Tanzeinlage liefern oder dieses Mal sogar ein Junggesellenabschied, der Rosen an ein paar unserer Musiker verteilte. Nach zweieinhalb Stunden Musizieren war unser Auftritt für den Kinderfestsamstag auch schon wieder vorbei, da uns die Band „Bergluft“ ablöste. Gemeinsam räumten wir dafür noch die Bühne und verluden unsere Sachen, wie beispielsweise Noten und Schlagzeug in den Musikerhänger. Danach ging es noch einmal rasch nach Hause, das Instrument abladen und sich schnell umziehen, um anschließend noch einmal privat das Kinderfest zu besuchen. Für den einen war der Abend dann schon um 23 Uhr vorbei und es ging vorbildlich ins Bett um für den Kinderfestsonntag fit zu sein. Andere jedoch hielten es nicht für nötig sich in dieser Nacht dem Schlaf zu widmen und blieben einfach bis zu unserem Treffpunkt zum Weckruf am nächsten Morgen wach. Nach einer mehr oder weniger langen bzw. kurzen Nacht marschierten wir also gemeinsam zum Sonnenaufgang am Sonntagmorgen um 6 Uhr für den Weckruf von der Mittelschule Leipheim los. Wir schafften es tatsächlich alle pünktlich aufzustehen und nicht zu verschlafen, was so in den vergangenen Jahren leider auch nicht immer der Fall war. Manchmal kam es auch schon vor, dass sich ganz still und heimlich ein paar Nachzügler der marschierenden Menge anschlossen. „Wer motzt hat noch Kraft“ ist dabei stets unser Motto und so folgten drei Stunden Lausitzer-Märsche durch die Straßen von Leipheim. Schön zu beobachten waren die zahlreichen Fans, die uns schon morgens zuwinkten oder ihre Köpfe aus den Fenstern reckten. Nach einem stärkenden Frühstück im Gasthof Hirsch folgten noch die Schlosshalde, die Kohlplatte und der Anger in Riedheim, wo der Weckruf dann um Punkt 9 Uhr zum Glockenschlag der Kirche beendet war. Wir hatten jetzt also dreieinhalb Stunden Zeit bis wir uns um 12.30 Uhr wieder für den Festumzug an der Mittelschule aufstellten. Für den einen hieß es mindestens zwei Stunden fehlenden Schlaf der vergangenen Nacht nachholen, für den anderen hieß es unter anderem noch einmal schnell die Waschmaschine anschmeißen, die im Durchschnitt übrigens etwa zweimal lief, um genügend Kleidung zur Verfügung zu haben. Ein Musiker besitzt meist etwa zwei Hemden oder Blusen und drei Paar Socken. Dabei bringt es der männliche Musiker mit seiner kompletten Tracht auf ein zusätzliches Gewicht von rund viereinhalb Kilo, davon gefühlte drei Kilo an den Beinen. Eine weibliche Musikerin bringt es auf ein Gewicht von etwa zweieinhalb Kilo. Die unterschiedlichen Instrumente sind dabei noch nicht mit einbegriffen, wobei ein Tubist mit fast zehn Kilo Tuba-Gewicht natürlich noch viel schwerer zu tragen hat als beispielsweise der Flötist, dessen Instrument nur etwa ein Kilo wiegt.
Mit frischen, gestärkten Blusen und Hemden, frischen Socken, gestärkten Schürzen und geputzten Schuhen trafen wir uns also mittags wieder zur Aufstellung zum Festumzug. Sobald alle Beteiligten ihren Platz eingenommen hatten, konnte, nach dem traditionellen Pfiff, der Festumzug in Bewegung gesetzt werden. Allen voran wir mit unseren Trachtenkindern und Marketenderinnen. Wir hatten sogar unseren eigenen Wasserservice dabei, damit wir bei Gelegenheit in der prallen Sonne auch etwas trinken konnten. Die Kreislaufbeschwerden die uns das ein oder andere Jahr schon begleiteten, blieben so nämlich aus. Nach einer weiteren Runde Lausitzer, die übrigens 8 Märsche umfasst, kamen wir dann schließlich mit dem Festzug am Sportplatz an. Dort spielten wir noch einmal über eine Stunde die Ein- und Ausmärsche für die Tänze der Grund- und Mittelschule Leipheim. Unter den Schirmen in vorderster Reihe sind diese immer wieder schön mit anzusehen. Als die Festspiele dann um 15.30 Uhr beendet waren, bekamen wir eine Stunde Pause, bevor es auf der Bühne weiterging. So konnte jeder in der Zwischenzeit für sein leibliches Wohl sorgen, wobei es wirklich schwer war, sich bei der großen Auswahl an Essensständen für ein Gericht zu entscheiden. Der Top-Favorit unter den Musikern war aber definitiv die Bäckerei mit ihren Festtagsseelen. Insgesamt wurden dieses Jahr über 80 Festtagsseelen von uns verspeist. Nach einer stärkenden Mahlzeit ging es also hinauf auf die Bühne, um noch einmal bis 18.30 Uhr für Unterhaltung und Stimmung auf dem Festplatz zu sorgen. Man merkte jedoch, wie die Konzentration allmählich etwas nachließ und sich die Anstrengungen des Tages bemerkbar machten. Um 18.30 Uhr hieß es dann noch einmal alle Kräfte mobilisieren, um pünktlich um 18.45 Uhr für den Abendumzug auf dem Sportplatz in Reih und Glied parat zu stehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit setzte sich dieser dann um kurz nach 19 Uhr in Bewegung. Spätestens jetzt machten sich die insgesamt 32 Blasen an unseren Füßen bemerkbar und nachdem wir in kleinen, langsamen Schritten den Stadtberg erklommen hatten, folgte der krönende Abschluss des Kinderfestsonntages mit der Abendandacht im Schlosshof. Hierfür spielten wir noch zwei der bekannten Kinderfestlieder zusammen im Chor mit den Schülern und Lehrern der Grund- und Mittelschule Leipheim, bevor alle ihren Weg nach Hause antraten.
Die meisten Musiker besuchten, nach einer kurzen, stärkenden Pause zu Hause, noch einmal das Kinderfest, andere wiederrum legten sich nur noch ins Bett und verarzteten ihre körperlichen Schäden, neben Blasen an den Füßen auch Blasen an den Fingern, Kratzern, blauen Flecken, Muskelkater und Co, um für den Kinderfestmontag wieder fit zu sein. Von den seelischen Schäden oder den Schäden an der Tracht ganz zu schweigen.
Ausgeschlafen, mit guter Laune und Blasenpflastern gewappnet konnte am nächsten Mittag der letzte Tag des Kinderfestes eingeläutet werden. Um 13.30 Uhr war hierfür der Treffpunkt an der Grund- und Mittelschule in Leipheim. Der ein oder andere Verlust war zu verzeichnen, da sich ein paar unserer Musiker wieder dem Lernen und den bevorstehenden Prüfungen widmen mussten. Der Rest der Truppe spielte jedoch einfach doppelt so laut, sodass sich der Festumzug noch einmal pünktlich ab 14 Uhr durch die Straßen von Leipheim bewegen konnte. Am Ende kamen wir so auf eine Gesamtanzahl von 57 Märschen, also etwa acht Runden Lausitzer von eins bis acht. Nach den Festspielen und einer kräftigenden Pause ging es dann noch einmal für zwei Stunden auf die Bühne und ab 19 Uhr war unsere Pflicht für das diesjährige Kinderfest auch schon wieder getan. Dabei haben wir es dieses Jahr auf eine Gesamtspielzeit von etwa 18 Stunden gebracht und die Gemütslage war bei fast allen Musikern noch immer positiv. So konnte jeder den letzten Kinderfestabend entsprechend ausklingeln lassen und froh und stolz nach Hause gehen.
Wir blicken also zurück auf ein, wie immer, tolles Kinderfest und neben all den kleinen Strapazen, die unsere Auftritte das Wochenende über so mit sich bringen, bereitet es uns doch jedes Jahr wieder dieselbe Freude Menschen mit unserer Musik zu begeistern. Nicht weil wir es müssen, sondern weil wir es einfach können. Diese besondere Begeisterung zeigt sich auch in unseren beiden Jubilaren Helmut Overbeck und Martin Pilharcz, die zusammen schon 110 Jahre für das Leipheimer Kinderfest musizieren. Alle anderen Musiker bringen es im Durchschnitt gerade mal auf 15 Jahre Kinderfest. Herr Overbeck spielte im Jahr 2015 jedoch schon das 60. Mal mit der Stadtkapelle Leipheim – also knapp 180 Tage seines Lebens – und Herr Pilharcz spielte im Jahr 2015 das 50. Mal, was circa 150 Tagen entspricht. Für dieses besondere Engagement bedankten nicht nur wir uns ganz herzlich bei ihnen, sondern auch die Stadt Leipheim würdigte dies entsprechend.
Bis zum nächsten Jahr, eure Stadtkapelle Leipheim e.V.